31.01.2021

45 Jahre in der Kinderkrankenpflege

1976 hat Martina Fröhlich im Klinikum Kassel mit der Ausbildung zur Kinderkrankenschwester begonnen. Neben ihrem Dienst im KinderPalliativTeam der Kleinen Riesen Nordhessen als pflegerische Leitung und in der Betreuung der Kinder, war sie bis zuletzt im Klinikum Kassel auf der Kinderonkologie tätig. Nun ist sie in den Ruhestand gegangen und erzählt von ihren knapp 45 Jahren in der Kinderkrankenpflege.

Die ersten Schritte

„Ursprünglich wollte ich in die Altenpflege“, berichtet Martina Fröhlich. „Bei einem Praktikum merkte ich aber, wie wenig Zeit ich für diese Menschen habe. So habe ich mich für meinen Zweitwunsch entschieden und wurde Kinderkrankenschwester.“ Nach der Ausbildung im Klinikum begann sie dort auf der neu eröffneten „Kinder-Onkologie und Mutter-Kind-Station.“ Einfach war dies zunächst keineswegs. „Das erste Jahr war schwer, es starben sieben Kinder. Ich dachte, das halte ich nicht weiter aus“, erinnert sich Fröhlich. Die Kinder haben die Therapien zur damaligen Zeit sehr schlecht vertragen. „Die Nebenwirkungen waren heftig“, so die Kinderkrankenschwester. „Eine gute Symptomkontrolle und Schmerztherapie wie heute gab es damals noch nicht. Die Gabe von Morphin war in der Kinderkrankenpflege noch nicht üblich.“ Martina Fröhlich sah aber, dass sie den Kindern und ihren Familien in diesen schweren Zeiten gut zur Seite stehen und helfen konnte. „Ich merkte, wie wie wertvoll und besonders diese Arbeit für mich war.“

Als die Kinder auf Station kamen, ging es ihnen schlecht. „Wir haben sie durch diese schwere Zeit gebracht. Sie haben gelernt, uns zu vertrauen. Und schließlich konnten wir sie nach erfolgreicher Therapie verabschieden.“ Früher gab es dazu eine ganz besondere Tradition. Fröhlich erzählt: „Wir haben beim Abschied mit Bettlaken aus den Fenstern gewunken.“ Bei den Sommerfesten der Station seien viele Kinder dann wieder gekommen. „Da sah ich, dass meine Arbeit Sinn macht.“

Kinderonkologie und Kleine Riesen

Die Kinderonkologie im Klinikum veränderte sich, wurde größer und war dadurch nicht mehr so familiär. Fröhlich beschloss, einen Palliativkurs zu belegen. Dadurch kam sie schließlich auch zu den Kleinen Riesen Nordhessen, als diese sich 2014 gründeten. „Das KinderPalliativTeam ist ein tolles Team. Jeder trägt dazu sein Bestes bei.“ Als pflegerische Leitung musste sie sich an die Büroarbeit erst gewöhnen. „Ich bin eher die Praktikerin“, weiß Fröhlich. Deswegen war es ihr auch weiterhin ein Anliegen, mit den Patienten und ihren Familien zu arbeiten. Dabei war ihr der Austausch im Team immer sehr wichtig.

Und wenn die Kinder sterben? Martina Fröhlich hat es immer geholfen, mit engen Freunden und der Familie zu reden. „Ja, ich nehme die Kinder nach dem Dienst mit, aber ich gehe daran nicht zugrunde“, so beschreibt sie es. „Mit hilft es dann auch, mich beim Sport auszutoben.“ Ein weiterer Schritt zum Abschließen nach dem Tod eines Kindes ist die Beerdigung. „Wenn es möglich war, bin ich hingegangen. Es tat dann auch gut, mit den Eltern nochmals gemeinsam zu weinen und zu lachen.“

Für die Zukunft des KinderPalliativTeams und der Kleinen Riesen Nordhessen wünscht sich die ehemalige pflegerische Leitung, dass die Grundhaltung, das Menschliche und das Sich-Einfühlen-Können in die Familien immer die Stärke des Teams bleiben. „Dieses Individuelle zeichnet uns aus.“ Außerdem sei ihr ein gutes Miteinander von Alt und Jung sehr wichtig.

Lässt Martina Fröhlich die knapp 45 Jahre in der Kinderkrankenpflege Revue passieren, freut sich über die große medizinischen Weiterentwicklung zum Wohl der Patienten. Allerdings sieht sie auch, dass mit zunehmender Größe, Professionalisierung und Dokumentation das Menschliche verloren gehe.

Ein toller Beruf

Natürlich hat sich Martina Fröhlich in all den Berufsjahren auch weiter entwickelt. „Je länger ich in der Kinderkrankenpflege war, umso selbstbewusster bin ich geworden. Wenn ich merke, es müsste etwas geändert werden, dann spreche ich das an“, sagt Fröhlich. Auch wenn sie in den knapp 45 Berufsjahren Höhen und Tiefen erlebt hat, ist sie überhaupt nicht frustriert. „Ich bin gerne zur Arbeit gegangen“, erzählt sie. Es sei ein toller Beruf. „Man muss viel Einfühlungsvermögen haben und sich auch zurücknehmen können. Die Arbeit war für mich immer wieder auch herausfordernd. Aber wenn ich nach Hause gegangen bin, dann wusste ich, dass ich etwas Gutes getan haben.“ Für Fröhlich schließt sich ein wunderbarer Kreis: „Mein Berufsleben endet bei den Kleinen Riesen so, wie es einst auf der Kinderonkologie begann: Mit einer individuellen Arbeit mit den Patienten und ihren Familien und mit viel Zeit für sie.“

Zufrieden blickt Martina Fröhlich in die Zukunft: „Ich habe für mich genau den richtige Zeitpunkt gewählt. Ich bin fit und kann noch viel tun.“ Sie erwartet ihr zweites Enkelkind und ihre betagte Mutter kann sie auch gut brauchen. Außerdem hat sie noch viele Pläne. Sobald es die Corona-Pandemie wieder zulässt, möchte sie reisen: Südafrika, Neuseeland und Norwegen stehen auf der Liste.

Wir freuen uns, dass sie dem KinderPalliativTeam für einige Stunden im Monat als Kinderkrankenschwester im Team erhalten bleibt, danken ihr für all das Engagement und wünschen ihr für den neuen Lebensabschnitt alles erdenklich Gute.

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