Unserer Reise - 10 Jahre Kleine Riesen Nordhessen
Zehn Jahre ist es nun her, dass die Kleinen Riesen Nordhessen gegründet wurden. Aus dem gemeinnützigen Verein ist mittlerweile eine gemeinnützige GmbH geworden. In dieser Zeit haben wir viel erlebt. Diese Erlebnisse und Meilensteine, die wöchentlich veröffentlicht werden, wollen wir gerne mit Ihnen teilen. Wir starten mit der Vereinsgründung und zeigen darauffolgend chronologisch unsere Geschichte vom Anfang bis heute. Tauchen Sie ein in unsere Reise! Gerne können Sie unsere Reise auch auf Facebook und Instagram verfolgen. Dort freuen wir uns über Kommentare und Anregungen!
Unsere Vereinsgründung
April 2014
Am 3. April 2014 haben sich die Kleinen Riesen Nordhessen gegründet. Damit gab es für das KinderPalliativTeam nun endlich einen rechtskräftigen Träger. Elf engagierte Menschen aus der Kinderklinik Kassel, dem Unternehmen der Gesundheit Nordhessen AG und der Wintershall AG legten am 3. April 2014 den Grundstein für unsere weitere erfolgreiche Arbeit. Zu den ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden wurden Prof. Dr. Michaela Nathrath und Stefan Wimmel gewählt. Dr. Thomas Voelker übernahm die Leitung des neuen KinderPalliativTeams. Die langjährige und erfahrene Kinderkrankenschwester Martina Fröhlich wechselte im Rahmen dieser Ausgründung aus der Kinderklinik Kassel mit einer halben Stelle in das neue Team und unterstützte die weitere Aufbauarbeit. Der damalige Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke übernahm die Schirmherrschaft für unsere Arbeit und öffnete uns Chancen und viele hilfreiche Türen.
Foto: Die Gründungsmitglieder mit Dr. Walter Lübcke als Schirmherr


Unser Anfang
Jahre 2010/2011
Damals im Jahr 2010 gab es Amelie. Sie wollte nicht mehr in die Klinik gehen. Das Team der Kinderonkologie Kassel, das Amelie stationär versorgte, stellte sich die Frage, wie sollte Amelie zu Hause medizinisch-pflegerisch versorgt werden? Bereits im Jahr 2007 beschloss der Bundesgesetzgeber mit den neuen §37b SGB V einen Rechtsanspruch auf die sogenannte spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Diesen Anspruch aufgreifend fing das Team an, erste schwerkranke Patientinnen wie Amelie zu Hause zu versorgen. Im Jahr 2011 kaufte die Klinik für Kinderonkologie aus einer Erbschaft einen VW Golf und konnte so nun regelmäßige Hausbesuche bei den jungen Patient*innen organisieren. Als Unterstützung für den Aufbau unserer Arbeit konnten wir Christiane Engelmohr gewinnen, eine Kinderkrankenschwester und Sozialarbeiterin. Ziel war und ist es bis heute, dass Kinder gut begleitet sterben dürfen.
Foto: Prof. Dr. Michaela Nathrath, Dr. Thomas Voelker, Martina Fröhlich, Christiane Engelmohr, Dr. Martina Rodehüser (v.l.)
Tour der Hoffnung
Mai 2013
Aus Anlass des Stadtjubiläums „1100 Jahre Stadt Kassel“ erhielten wir dank der Hilfe des damaligen Oberbürgermeister Bertram Hilgen eine großartige Unterstützung, sowohl durch die Tour der Hoffnung als auch die vor Ort ansässige Helga und Heinrich Holzhauer Stiftung. Insgesamt wurden über 450.000 Euro für den guten Zweck zusammengeradelt. Unsere Idee, am Standort der Kinderklinik Kassel ein ambulantes KinderPalliativTeam aufzubauen, wurde mit einem Teil dieser Spendengelder unterstützt.


Unsere erste Weihnachtskarte
Dezember 2014
Gerne erinnern wir uns an unsere erste Weihnachtskarte, die wir im Dezember 2014 an die ersten Wegbegleiter*innen und Netzwerkpartner*innen verschickt haben, die an unser Vorhaben KinderPalliativTeam geglaubt haben.
Flächendeckende Versorgung
Mai 2015
Im Mai 2015 war es endlich so weit: Nach langen und intensiven Verhandlungen mit den Kostenträgern und mit der Unterstützung des Landes Hessen konnten die Kleinen Riesen endlich als eigenständiger Rechtsträger einen Versorgungsvertrag für die SAPV-KJ Leistungen (spezialisierte ambulante Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche) unterzeichnen.
Der Fachverband SAPV Hessen begleitete und unterstützte diese nicht immer einfache Phase der Vertragsverhandlungen sehr zuverlässig im Hintergrund. Damit gingen wir als drittes und letztes der hessischen KinderPalliativTeams nun offiziell an den Start. Seitdem konnte in Hessen eine flächendeckende Versorgungsstruktur für schwerstkranke und sterbende Kinder und Jugendliche etabliert werden. Die damalige Landesregierung unterstützte den weiteren Aufbau aller drei KinderPalliativTeams in Hessen auch finanziell. Wir konnten dank einer Landeszuwendung von 75.000 Euro neues Personal einstellen.


Unsere ersten Büroräume
November 2015
Dank der Unterstützung der Abteilung Bau und Technik der Gesundheit Nordhessen Holding AG konnten wir Ende 2015 den Bezug unsere ersten festen Büroräume in Haus L auf dem Klinikums Geländes mit einer kleinen Feierstunde eröffnen.
Kooperation mit Hospizdiensten
Februar 2016
Anlässlich des bundesweiten Tages der Kinderhospizarbeit am 10. Februar 2016 haben die Kleinen Riesen und der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst Kassel eine Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen hospizlichen Versorgung unheilbar kranker und sterbender Kinder und Jugendlicher in der Region Kassel geschlossen. Eine ebensolche Kooperationsvereinbarung folgte im Juni 2016 mit dem Kinderhospizdienst der Malteser in Fulda.
Es geht doch nichts über Teamarbeit!


1. Forum
November 2016
Rund 80 Teilnehmer*innen folgten der Einladung zum Forum für pädiatrische Palliativ- und Hospizversorgung in Nordhessen, das unter dem Motto "Die Zeit, die bleibt ..." Premiere feierte, in das Museum für Sepulkralkultur in Kassel.
Das Sterben im häuslichen Umfeld, aber auch die Zeit des Trauerns zu begleiten und mitzutragen, wirft für alle, die beruflich oder ehrenamtlich schwerst- und unheilbar kranken Kindern und Jugendlichen und deren Familien begegnen, Fragen auf. Und so war das Forum mit seinen Fachvorträgen in erster Linie Informationsquelle und Hilfe, praxisrelevante und fundierte Antworten zu geben. Ziel des Forums war es weiterhin, die bereits bestehenden Strukturen der ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung vorzustellen mit der Vision diese weiter auszubauen, um für die gesamte Region ein stabiles Netzwerk für die Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer lebensverkürzenden Erkrankung zu etablieren.
Bundesweites Treffen
Mai 2017
80 Kinderärzt*innen und Pflegekräfte aus 30 Teams waren unserer Einladung am 11./12. Mai 2017 zum Jahrestreffen der Leistungserbringer SAPV-Kinder und Jugendliche sowie der AG Kinder & Jugendliche der DGP (Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin) in Kassel gefolgt. Im Fokus stand die palliativmedizinisch-neuropädiatrische Versorgung chronisch schwerstkranker Kinder. Zu den Höhepunkten zählten die eindrucksvollen Fachvorträge aus den Zentren München, Datteln, Hamburg und Paderborn als Grundlage und Impuls für intensive Diskussion und regen Austausch unter den Fachleuten.
Resümee: Nur im Verbund und in der Kooperation aller Teams entwickelt sich die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) für schwerstkranke und sterbende Kinder und Jugendliche weiter, um in allen Facetten bundesweit auf einem qualitativ hochwertigen Standard praktiziert zu werden.


Schon gewusst?
Teil 1
Drei einschlägige Zahlen aus den vergangenen 10 Jahren:
- Notfälle: 2.500
- Versorgte Familien: 350
- Verstorbene Kinder: 150
Zahlen, die deutlich machen, dass wir mittlerweile viele betroffene Familien erreichen, rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Ja, bei uns sterben Kinder und Jugendliche, deshalb versorgen wir sie im Kreise ihrer Familien zu Hause. Besonders wichtig ist uns aber, dass wir den Familien und Patient*innen für ihre verbleibende Zeit, so viel Lebensqualität wie möglich geben wollen. Dafür kämpfen wir jeden Tag!
Unsere erste Botschafterin
September 2018
Die damalige hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann wird im September 2018 erste Botschafterin. Mittlerweile haben wir elf wunderbare Menschen, die uns als Schirmherr und Botschafter*innen neben Eva-Kühne-Hörmann unterstützen: Regierungspräsident Mark Weinmeister, Stefan Berndt, Katrin Feyerabendt, Annika Mehlhorn, Michel Fickinger, Bischof Dr. Michael Gerber, Susanne Götze, Nina Klein, Kerstin Leitschuh, Dr. Dirk Pörschmann und Steffen Urbschat.
Wir sind sehr dankbar, dass wir so viel Unterstützung von so wunderbaren Menschen erfahren.


Neues Büro in Fulda
Dezember 2018
Gemeinsam mit der Deutschen Palliativ Stiftung im Zentrum Palli-Aktiv haben wir im Dezember 2018 am Bahnhof in Fulda ein neues Büro eröffnet. Ziel war es, eine bessere Präsenz in Osthessen zu schaffen. Vor Ort war ab diesem Zeitpunkt auch eine ambulante Beratung im Büro in Fulda möglich. Bei der Eröffnung war auch unser damaliger Schirmherr, Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke, vor Ort und freute sich über diese Bündelung der Kräfte. Der größte Schatz, den wir haben, sei die Familie. Deswegen sei die Arbeit der Kleinen Riesen so wichtig. Kindern mit einer lebensverkürzenden Erkrankung kompetent begleitet möglichst viel Zeit mit der Familie zuhause zu ermöglichen, formulierte er.
Wir denken gern zurück! Heute gibt es kein Büro mehr in Fulda.
Schon gewusst?
Teil 2
Drei weitere einschlägige Zahlen aus den vergangenen 10 Jahren:
- Hausbesuche: über 5.500
- Telefonate: 15.000
- 400.000 km = 10 x um die Erde
Herzstück der Arbeit des KinderPalliativTeams sind die Hausbesuche. Wir sind je nach Bedarf einmal oder auch mehrmals pro Woche bei unseren Patient*innen. Vor Ort kümmern wir uns um die Schmerztherapie, behandeln Symptome, lindern Beschwerden, helfen den Angehörigen, leiten sie an und bieten sozialrechtliche Beratung sowie psychologische Betreuung an.


Ermordung Walter Lübcke
Juni 2019
Mit großer Betroffenheit haben wir am 2. Juni 2019 von dem politisch motiviertem Mord an Dr. Walter Lübcke erfahren. Zu seinem 60. Geburtstag übernahm er die Schirmherrschaft für unseren Verein Kleine Riesen Nordhessen. Er half kontinuierlich am Auf- und Ausbau der ambulanten Palliativmedizin für Kinder und Jugendliche in unserer Region mit.
„Mit Walter Lübcke verlieren wir einen wohlwollenden Förderer, Ideengeber und Freund“, so die damalige Vereinsvorsitzende Prof. Dr. Michaela Nathrath. Wir sind traurig und unsere Gedanken sind besonders bei seiner Familie.
5 Jahre Kleine Riesen
September und Novenber 2019
Zu unserem fünfjährigen Bestehen haben wir im Jahr 2019 zwei Veranstaltungen in Kassel gefeiert. Zunächst haben wir im September ein Benefizkonzert in der Elisabethkirche mit Martin Forciniti veranstaltet. Ein stimmungsvolles Konzert in einem angenehmen Ambiente, dass nun nach dem Einsturz des Dachs vor einigen Monaten, uns wehmutig auf diesen Augenblick zurück blicken lässt.
Im November schloss sich eine Festveranstaltung in der Alten Brüderkirche an. Dr. Nikolaus Schneider, der ehemalige Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Deutschlands und Autor zahlreicher Bücher, sprach über Abschiede, Sterbeerfahrungen und Trauer. Diese Eigenschaften gehören ins Leben und verändern es. Dr. Schneider zeigte uns durch seine sehr persönliche Erfahrungen Kraftquellen auf, die helfen, diese Erfahrungen zu verarbeiten.


Beratung zur palliativen Geburt
Oktober 2019
Wenn werdende Eltern erfahren, dass ihr ungeborenes Kind lebensverkürzt erkrankt ist, bricht eine Welt zusammen.
Wir bieten seit 2019 eine kostenlose vorgeburtliche Beratung zur palliativen Begleitung vor und nach der Geburt. Wir beraten zu den Möglichkeiten, das Kind auf die Welt zu bringen und Zuhause, ambulant palliativ zu versorgen. Ziel ist es, dass die verbleibende Zeit des Kindes auf dieser Erde würdevoll und im häuslichen Umfeld verbracht wird.
Foto: www.dein-sternenkind.eu
Visionstag
August 2020
Wir wollen uns weiterentwickeln und überlegen, wie wir dem drohenden Pflegemangel, den wir tagtäglich bei unseren chronisch kranken und palliativen Kindern und Jugendlichen entgegenwirken können. Gemeinsam haben sich die Mitarbeiter*innen des KinderPalliativTeams Nordhessen und die Vereinsmitglieder der Kleinen Riese zu einem Visionstag getroffen und entwickeln zukunftsfähige Pflegekonzepte.
Wir glauben, dass betroffenen Familien durch eine adäquate Pflegeanleitung (Empowerment) in einem Kleinen Riesen Haus sehr sehr geholfen wäre. Auf diese Form der Beratung und Anleitung gibt es sogar einen Rechtsanspruch.


Entwicklung Leitbild
November 2020
Das KinderPalliativTeam hat sich intensiv über seine Haltungen zu seiner Arbeit reflektiert. Daraus ist ein Leitbild aus einer Präambel und vier Überpunkten entstanden: Werte, Qualität, Networking, Patient
Präambel:
Als multiprofessionelles Team behandeln und begleiten wir Neugeborene, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Ziel für den Patient und seine Familie die bestmögliche Lebensqualität in der verbleibenden Lebenszeit zu erreichen. Als KinderPalliativTeam wollen wir diese Lebensqualität im Sterben bis zum Tod ermöglichen. Wir arbeiten empathisch, fürsorglich, offen und ehrlich. Damit geben wir Familien Raum, Zeit und Sicherheit. Sowohl Humor und als auch Trauer sind ein fester Bestandteil unseres Alltags. Unser Team ist am Ende die entscheide Ressource für das Gelingen einer guten Palliativversorgung. Wir machen unsere Arbeit gerne. Zum Leitbild
Letzte Hilfe Kids/Teens
Januar 2021
Seit 2021 haben wir ein neues Angebot und bieten mit ausgebildeten Kursleiter*innen Letzte Hilfe Kurse für Kinder und Jugendliche zwischen acht und 16 Jahren an. Sie lernen, was sie für ihre Mitmenschen am Ende des Lebens tun können. Wir finden, dass das Wissen um Letzte Hilfe und Sorge von schwerkranken und sterbenden Menschen muss (wieder) zum Allgemeinwissen werden sollte. Letzte Hilfe für Kinder und Jugendliche:
- richtet sich an Kinder und Jugendliche, die sich über die Themen rund um das Sterben, Tod und Palliativversorgung informieren wollen
- ist ein wunderbares Bildungskonzept für jegliche Bildungseinrichtungen und schafft Grundlagen und hilft mit, die allgemeine ambulante Palliativversorgung zu verbessern
- ist das Basiswissen für eine sorgende Gesellschaft
- wendet sich an Einzelpersonen, Gruppen, Vereine und Schulen, Kirchengemeinden, Konfirmandenunterricht, u.v.m.


Förderbescheid: Telehealth
August 2021
Im Sommer 2021 hatten wir Besuch von der damaligen Staatssekretärin Anne Janz vom Hessisches Ministerium für Soziales und Integration und Landtagsvizepräsidentin Karin Müller. Sie brachten uns den Förderbescheid mit der Bewilligung des Pilotprojekts zur telemedizinischen Vernetzung. Anhand moderner digitaler Hilfsmittel und sicherer Kommunikationswege über Tablets und eigens entwickelten Apps wollten wir uns noch besser mit unseren Patient*innen und deren Familien vernetzen und die Auswirkungen von Telehealth in der KinderPalliativVersorgung wissenschaftlich untersuchen.
Stand heute: Das erste Pilotprojekt TelPa_kids von Telehealth ist fast abgeschlossen. Das zweite Folgeprojekt TAPE läuft an.