05.12.2018

Haupt- und Ehrenamtliche informieren sich zur Palliativ- und Hospizarbeit

Rund 60 Haupt- und Ehrenamtliche trafen sich zum 3. Forum für pädiatrische Palliativ- und Hospizversorgung im Regierungsbezirk Kassel. Das Forum fand auf Einladung der Kleinen Riesen Nordhessen unter dem Thema „Am Lebensende“ in der Kinder-Akademie Fulda statt. Prof. Dr. Michaela Nathrath, Vorsitzende des Vereins Kleine Riesen Nordhessen, kündigte an, dass das KinderPalliativTeam künftig auch mit einem Büro in Fulda präsent sein wird. „Damit setzen wir ein deutliches Zeichen, dass wir in der Region Fulda eine noch bessere Versorgung anbieten werden“, so die Vereinsvorsitzende.

Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel überbrachte die Grüße von Minister Stefan Grüttner aus dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration sowie des Magistrats der Stadt Fulda. „Festzustellen ist, dass in Hessen das Unterstützungsangebot der Hospiz- und Palliativversorgung kontinuierlich wächst“, so der Staatssekretär. „Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Arbeit weiter auszubauen!“

In Fachvorträgen wurden unterschiedliche Aspekte des Lebensendes beleuchtet. Prof. Dr. Reinald Repp sensibilisierte für die Frage, ab wann Frühgeborene lebensfähig sein können. Er wies darauf hin, wie schmal der Grad zwischen Lebensende und Lebensanfang bei Frühgeborenen ist: „Medizinische Daten, mit denen man die Überlebenschancen einschätzt, sind keine absolute Wahrheit.“ Positive Prognosefaktoren seien das weibliche Geschlecht, der sozio-ökonomische Status der Eltern sowie keine strukturellen Schäden am Gehirn. Anhand von Statistiken aus Japan, Deutschland und der Schweiz verdeutlichte Repp, dass Unterschiede in der Behandlung von Neugeborenen ethische und religiöse Hintergründe haben.

Der Frage, wie das Lebensende in der Häuslichkeit gut begleitet werden kann, ging Dr. Thomas Voelker als Leiter des KinderPalliativTeams Nordhessen nach. Er betonte, dass das KinderPalliativTeam ein Partner von vielen sei, wenn es um die Versorgung schwer kranker Kinder gehe. Das Team betreue Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebenslimitierenden Erkrankungen. Offen sei die Frage, wann die letzte Lebenszeit anfange. Er betonte, dass die Palliativversorgung keine Luxusleistung sei, sondern es ein Recht darauf gebe. Ein Unterschied zur lebensverlängernden Intensivmedizin sei, dass im Rahmen einer palliativmedizinischen Betreuung z.B. eine Ernährungstherapie auf Wunsch nicht fortgesetzt werde oder andere lebenserhaltende Therapien auch nicht angeboten werden. Im Rechtsanspruch auf die ambulante Palliativversorgung seien auch die besonderen Belange von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen. „Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) ist eine zusätzliche Unterstützung in der Häuslichkeit, das bedeutet aber nicht, dass andere Versorgungsformen hinfällig sind“, betonte der Kinderarzt. Die SAPV ende nicht ausschließlich mit dem Tod, sondern könne immer wieder in Krisensituationen als Mittel zur Stabilisation eingesetzt werden. Der Unterschied zur Hospizarbeit sei v.a. darin zu finden, dass sich in Hospizteams Ehrenamtliche zur Alltagsentlastung in den Familien engagieren und die SAPV-Teams multidisziplinär mit Hauptberuflichen aufgestellt seien, die die medizinischen und pflegerischen Belange der Patienten behandeln.

Auf die Bedeutung des Ehrenamts in der ambulanten Hospizarbeit ging Barbara Schoppmann von den Maltesern ein. Die Ehrenamtlichen in diesem Bereich kommen aus allen Berufen und seien unterschiedlichen Alters. Es erfolge eine intensive Vorbereitung auf den Einsatz im ambulanten Kinderhospizdienst. Erst nach einem Auswahlverfahren und des Durchlaufens eines Vorbereitungskurses wird über die Aufnahme in den Dienst entschieden. Während des Ehrenamts seien Supervision, Praxisbegleitung und Fortbildungen verpflichtend. „Das Qualitätssicherungssystem der Malteser ist einzigartig in der Trägerlandschaft“, betonte die Referentin. Neu sei die kombinierte Ausbildung von Kinder- und Erwachsenenhospizarbeit. „Dieses Ehrenamt fördert das Bewusstsein von Sterben, Tod und Trauer in der Gesellschaft und eine Kultur des Miteinanders“, so Schoppmann.

In einer spirituellen Betrachtung zum Thema „Musik am Lebensende“ lud Schwester Hildegard Wolters von den Benediktinerinnen in Fulda zu einer Reise in die eigene Biographie ein. Welche Rolle spielte die Musik in den unterschiedlichen Lebensphasen? „Musik kann uns lähmen, frieren lassen, beflügeln, traurig machen oder in Hochstimmung versetzen“, erklärte die Ordensfrau. „Musik ist eine Universalmacht und deckt das ganze Spektrum unserer Emotionen ab.“ Musik habe ein veränderndes Potential und könne deswegen auch bei schwerkranken und sterbenden Menschen eingesetzt werden. Im Idealfall sei es Livemusik, sie habe etwas Lebendiges und hohen Erlebniswert. Dazu hatte Sr. Hildegard beispielhaft drei therapeutische Instrumente mitgebracht, die sich für den Einsatz eignen: eine Kalimba – auch Daumenklavier genannt, ein Röhrenglockenspiel sowie eine Leier. Die letzteren haben eine pentatonische Tonleiter und seien deswegen besonders wohltuend im Klang. Die Benediktinerin betonte: „Die Instrumente sollen zur Freunde und Entspannung beitragen. Sie können die Seele in der Tiefe berühren.“

Am Ende des Forums führte Prof. Dr. Tassilo Bonzel durch das begehbare Herz in der Kinderakademie.

© 2022 Kleine Riesen Nordhessen gGmbH